Perinatalzentrum

Perinatal bedeutet übersetzt „um die Geburt herum“. Perinatalzentren sind aufgrund ihrer medizinisch-technischen Ausstattung und ihres Personals auf die Versorgung von (Risiko-) Schwangerschaften und (Früh-) Geburten ausgelegt. Welche Kriterien ein Perinatalzentrum erfüllen muss, ist durch die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses definiert.

Das Perinatalzentrum im EVK Lippstadt ist darauf ausgerichtet auch sehr kleine Frühgeborene, die mit einem Gewicht von weniger als 1.500 Gramm geboren werden, zu versorgen (Perinatalzentrum Level 1). Frauenheilkunde, Geburtshilfe, Frühgeborenen Intensivstation, Kinderklinik und Kinderchirurgie sind unter einem Dach vereint, um so Müttern und Babys vor, während und nach der Geburt eine lückenlose Versorgung und größtmögliche Sicherheit zu bieten. Insgesamt gibt es in Deutschland über 160 Perinatalzentren Level 1, um eine standortnahe Versorgung sicherzustellen (Quelle: www. Perinatalzentren.org).

Gynäkologie & Geburtshilfe

Grundvorausaussetzung für eine komplikationsfreie Schwangerschaft und Geburt ist die Gesundheit der Schwangeren – diese wird in der Regel durch den Gynäkologen im Rahmen der regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen kontrolliert und potentielle Schwangerschaftsrisiken bestimmt. Mehr als die Hälfte aller Schwangerschaften in Deutschland gelten dabei heutzutage als Risikoschwangerschaften – Tendenz steigend. Ursache hierfür sind das steigende Durchschnittsalter der werdenden Mütter, eine erhöhte Rate von Mehrlingsgeburten nach künstlicher Befruchtung und Zivilisationskrankheiten, wie Diabetes, Bluthochdruck und Adipositas.

Das Zentrum für Frauenheilkunde im EVK Lippstadt bietet eine spezielle Risikosprechstunde für Schwangere an: „Wir bieten die komplette Bandbreite vorgeburtlicher Untersuchungen an und sind darauf ausgerichtet, schnell Ergebnisse zu liefern“, so Prof. Dr. Joachim Volz. „Ziel ist es, durch frühzeitige Information und Aufklärung der Schwangeren gezielte Gegenmaßnahmen einzuleiten, aber auch mögliche Ängste zu nehmen.“

Eine der häufigsten Komplikationen in der Schwangerschaft ist die Präeklampsie, umgangssprachlich auch Schwangerschaftsvergiftung genannt. Ungefähr eine von zwanzig Frauen entwickelt im Laufe der Schwangerschaft eine Präeklampsie, die in schweren Fällen eine Frühgeburt auslösen oder dazu führen kann, dass das Baby vorzeitig entbunden werden muss.

Seit einiger Zeit steht neben der Ultraschall- und Doppleruntersuchung ein Bluttest zur Verfügung, mit dem das Risiko für eine Präeklampsie bereits ab der 12. Schwangerschaftswoche bestimmt werden kann. „Dieser Test gibt uns Auskunft darüber, ob sich die „Vergiftung“ im weiteren Schwangerschaftsverlauf tatsächlich ausprägen wird“, so Prof. Dr. Joachim Volz.

Frühgeborenen-Intensivstation (Neonatologie)

Trotz engmaschiger Betreuung und moderner diagnostischer Möglichkeiten erblickt in Deutschland circa jedes zehnte Kind vor Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche das Licht der Welt und gehört damit definitionsgemäß zur Gruppe der Frühgeborenen. In Lippstadt liegt die Rate mit 13 - 15% sogar etwas höher. Die überdurchschnittlich hohe Zahl der Frühgeburten im EVK Lippstadt begründet Dr. Lior Haftel, Chefarzt der Kinder-und Jugendmedizin und Neonatologie, mit dem Perinatalzentrum Level 1: „Schwangere mit einem drohenden Risiko für eine Frühgeburt werden gezielt in unser Haus eingewiesen.“

„Jede Kinderkrankenschwester auf unserer Frühgeborenen-Intensivstation hat zuvor eine mehrjährige Qualifikation zur Kinderintensivpflege absolviert“, so Dr. Lior Haftel. Die Aufgaben des Personals auf der Station sind vielfältig und gehen über die rein medizinische Betreuung hinaus. Während des stationären Aufenthaltes wird der Grundstein für die spätere Entwicklung des Kindes gelegt. Ein wichtiger Baustein dabei ist die Information, Anleitung und Unterstützung der Eltern, um sie so auf ihr besonderes Kind vorzubereiten. Neben einem „Frühchentagebuch“, in dem besondere Erinnerungsstücke, wie die ersten kleinen Söckchen gesammelt werden, erhält jedes Baby eine Perlenkette, in dem symbolisch jeder Entwicklungsschritt festgehalten wird.

Zusammen mit dem Bunten Kreis – OWL Sonnenblume e.V. bietet das EVK Lippstadt eine Psychosoziale Elternberatung und den Treff der kleinen Wichte an. „Natürlich sind wir mit dem gesamten Team immer für die Eltern da, um Fragen zu beantworten - auch nach der Entlassung. Um allen den besten Start zu Hause zu ermöglichen“, ergänzt Dr. Lior Haftel.

Kinderchirurgie

Gerade bei sehr frühgeborenen Kindern besteht die Gefahr, dass bestimmte Organe des kleinen Körpers noch nicht vollständig ausgereift und voll funktionsfähig sind. In manchen Fällen ist dann ein chirurgischer Eingriff notwendig. Wenn möglich, versucht man diesen hinauszuschieben, damit sich das Kind stabilisieren kann. „Jeder Eingriff bedeutet für das Frühgeborene eine große körperliche Belastung und Stress“, so Dr. Tilman Gresing, Chefarzt der Abteilung für Kinderchirurgie und –urologie. „Es gibt aber auch Situationen, in denen ein Eingriff unverzüglich erfolgen muss“. Beispiele sind Durchblutungsstörungen, Fehlbildungen oder auch frühgeburtliche Komplikationen wie Hirnblutungen oder Darmverschlüsse. Dank des Fortschrittes in der Neugeborenen-Medizin, besonders feiner Instrumente, speziellem Nahtmaterial und moderner Operationstechniken, sind Eingriffe heute bereits bei Kindern ab etwa der 24. Schwangerschaftswoche möglich. Dr. Gresing betont: „Eine solche Operation erfolgt immer in enger Zusammenarbeit mit unseren Gynäkologen, Kinderärzten und Kinderanästhesisten“.